50-jähriger Rechtsstreit gegen Kuckuckskind in Griechenland
Ein heute 82-jähriger ehemaliger Offizier in Griechenland, dem 1964 ein Kuckuckskind angehängt wurde, musste 50 Jahre lang prozessieren, um sein Recht zu finden.
Der in Rede stehende heute 82-jährige Veteran der griechischen Streitkräfte war einer der besten griechischen Offiziere seiner Generation und erreichte höchste Ämter im Hauptquartier, wobei er auch die griechischen Kräfte auf Zypern leitete.
Seine Karriere als Offizier hatte allerdings mit einem „Stigma“ begonnen, das ihm jedoch die Streitkräfte letztendlich trotz des Konservatismus jener Epoche jedenfalls nicht ankreideten.
Verurteilung wegen angeblichen „Verlassens einer Schwangeren„
Vor 60 Jahren ging der damals 22-jährige Offizier ein Verhältnis mit der – heute 75-jährigen – Ch. B. ein, welche Beziehung nach einer Unterbrechung neun Jahre später wieder auflebte. 1963 war die Frau schwanger, der Offizier – damals Hauptmann – bestritt jedoch, sexuellen Kontakte mit ihr gehabt zu haben. 1964 wurde der Offizier mit einem Urteil des ständigen Militärgerichts zu Kavala der Tat des Verlassens einer Schwangeren für schuldig erklärt. Trotz der Tatsache, dass er wegen der Königshochzeit begnadigt worden war, legte er Berufung ein und verlangte, ihm wegen der Sache den Prozess zu machen. Die Berufung wurde jedoch als unzulässig abgewiesen.
Somit erkannte das Landgericht Kavala ihn als Vater des von der Frau geborenen Kindes an. Der – laut den Gerichten – Kindsvater wurde verpflichtet, die Entbindungskosten zu zahlen, während das Kind seinen Nachnamen erhielt und er ab 1967 begann, Unterhaltszahlungen zu leisten. Mit aufeinander folgenden Gerichtsurteilen wurde die Höhe dieser Alimente trotz der Tatsache angeglichen, dass sowohl er selbst als auch die Mutter des Kindes 1975 andere (sprich jeder eigene) Familien gründeten.
Im Jahr 2000 begab sich der – inzwischen im Ruhestand befindliche – General zu dem Büro des 36-Jährigen, der seinen Namen trug, und zusammen suchten sie das Labor für genetische Entwicklung und Molekularbiologie der Fakultät für Biologie der Universität Thessaloniki auf. Dort wurden ihnen Blutproben entnommen, aus den genetische Material (DNA) isoliert wurde. Das Resultat der Untersuchung ergab, dass der General nicht der Vater des Mannes war.
Zwangs-Vaterschaft aus Gründen … des sozialen Friedens
Mit dem Untersuchungsergebnis in den Händen stellte der nunmehr 68-Jährige bei dem Oberlandgericht Thrakiens einen Revisionsantrag, der wegen Verjährung abgewiesen wurde. Der Areopag hob zwei Jahre später den Beschluss auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung mit einer anderen Zusammensetzung an das Oberlandgericht Thrakiens zurück. Dieses wies mit dem Urteil Nr. 83/2004 die Klage wieder ab, weil der DNA-Test nicht die Bedingungen des neuen kritischen Schriftstücks erfüllte, und berief sich auf die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der vorherigen Urteile aus „Gründen des sozialen Friedens …„.
Der Areopag hob jedoch auch dieses Urteil auf und verwies die Sache an das Oberlandgericht Thrakiens zurück, um zum zweiten Mal mit einer anderen Zusammensetzung verhandelt zu werden. 2007, also sieben Jahre nach dem ersten DNA-Test, wurde dem Revisionsantrag des Klägers stattgegeben, jedoch ordnete des Oberlandgericht einen neuen DNA-Test an, zu dem sich zwar der ehemalige Offizier, jedoch nicht der seinen Nachnamen tragende und inzwischen 43-jährige Mann einstellte. 2009 erreichten der jetzt 79-jährige Offizier a.D. und sein Rechtsbeistand Georgios Vasilakakis, dass nach 46 Jahren anerkannt wurde, dass der im Februar 1964 in einer Athener Klinik geborene Junge einen anderen physischen Vater hatte. Von Seite der Mutter wurde dagegen die Behauptung erhoben, die Untersuchung des genetischen Materials (sprich der DNA-Test) im Jahr 2000 sei ohne die Zustimmung ihres Sohnes erfolgt, während auch die befolgte wissenschaftliche Methode angezweifelt wurde. Beide Argumente wurden als unschlüssig abgewiesen.
Im August 2014 gab schließlich die mehrsitzige Zivilkammer des Landgerichts Thessaloniki der Klage des Klägers statt, der von der Beklagten verlangte, ihm 113.000 Euro zu zahlen. In diesem Betrag enthalten sind die Rückzahlung des Gesamtbetrags der Alimente und 30.000 Euro für die Entschädigung des immateriellen Schadens des Klägers. Das Gericht gelangte – 50 Jahre nachdem erstmalig von dem Kläger entsprechende Argumente vorgebracht wurden – zu der Schlussfolgerung, dass „die Beklagte ein Kind aus einem erotischen Kontakt empfing, den sie in dem kritischen Zeitraum der Empfängnis mit einem anderen Mann hatte und während der Dauer des Prozesses verschwieg …„.